Willkommen zum zweiten Teil des Interviews mit Frau Monika Morales. Sie erzählt von den Bedürfnissen und Herausforderungen ihrer Kunden, wie ein erster Kontakt mit Ihrem Pferd aussehen kann und mit welchen Methoden sie gerne arbeitet.
Für welche Menschen ist eine tiergestützte Therapie mit Pferden geeignet?
Ob jung oder alt, mit oder ohne Handicap. Vom Autisten bis Demenz, Entwicklungsverzögerung, Trauma oder Angstthemen, Burnout oder einfach nur zum Entspannen. Jeder Mensch profitiert von der tiergestützten Therapie. Das Einzige, was gegen eine Therapie mit Pferden spricht, ist eine Tierhaarallergie.
Welche speziellen Bedürfnisse oder Herausforderungen bringen Ihre Klienten mit?
Meine Klienten – ob Kinder oder Erwachsene – haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse, wodurch es zu den verschiedensten Herausforderungen kommen kann. Besonders bei autistischen Kindern kann es während eines Meltdowns zu starken emotionalen Reaktionen kommen: Schreien, sich auf den Boden werfen, schlagen, beißen oder auf das Pferd klopfen. In solchen Momenten ist es wichtig, ruhig zu bleiben und besonnen zu reagieren.
Ein großer Vorteil ist es, ein Pferd an der Seite zu haben, das gelassen bleibt und sich von diesen Reaktionen nicht aus der Ruhe bringen lässt. Zusätzlich spielt die soziale Unterstützung eine große Rolle: In Peergroups stärken sich die Kinder gegenseitig, und auch die Eltern profitieren vom Austausch miteinander. So entsteht ein wertvolles Netzwerk, das Zusammenhalt und Vertrauen fördert.
Wie reagieren Klienten bei ihrer ersten Begegnung mit den Pferden, insbesondere wenn sie vorher wenig Kontakt zu Tieren hatten?
Es gibt drei Regeln bzw. Hilfestellungen bei einem ersten Kennenlernen mit Ria. Die erste ist, dass nicht aufgeregt durch die Gegend gelaufen wird. Das zweite ist eine Hilfestellung, falls Ria zu nahekommt, schicken wir sie zurück. Das zeige ich dann einmal kurz vor. Und das letzte ist, Ria liest die Leute sehr gerne. Dazu schnuffelt sie im Nacken der Menschen. Ich erkläre meinen Kunden dabei einfach, dass das harmlos ist und sie nicht beißen wird.
Der erste Kontakt läuft dann so ab, dass wir zuerst draußen bleiben und uns Rias Fenster nähern. Ria steckt vielleicht den Kopf hindurch, aber die Kunden können selbst entscheiden, ob und wie nah sie ihre Hand ans Fenster führen möchten.
Dann geht es in den Stall. Vor der Box hängt ein Vorhang, der noch als Barriere dient. Ria weiß genau was zu tun ist, sie kommt langsam näher. Spürt sie Unsicherheit, bleibt sie auf Abstand.
Wenn sich alle wohlfühlen, wird der Vorhang zur Seite geschoben. Jetzt kann jeder selbst entscheiden. Möchte man Ria bürsten oder erst einmal nur beobachten? Sie gibt den Menschen Zeit. Oft dreht sie sich um, schnuppert vorsichtig und wartet auf eine Streicheleinheit. Und wer sich doch unsicher fühlt, kann jederzeit wieder einen Schritt zurücktreten.
Wie arbeiten Sie mit den Familien oder den Betreuern der Kinder und Jugendlichen zusammen?
Manche Eltern arbeiten gerne mit, andere nicht. Ich finde es in Ordnung, wenn Eltern das Kind für eine Stunde oder eineinhalb Stunde bei mir lassen, es sicher ist und keine Sorgen hat. Manche Eltern sprechen mich direkt an und fragen, wie sie Probleme lösen können. Ein Beispiel: Ein Kind spürt seine eigenen Gefühle nicht. Er kennt seine körperlichen Grenzen nicht. Wir haben unter anderem mit Igelbällen gearbeitet. Die Mutter hat gefragt, wie sie das zu Hause umsetzen kann.
Gibt es dann auch eine Familientherapie?
Ich habe einen Vater mit einem autistischen Sohn. Wir haben ein Vater-Sohn-Erlebnis geschaffen. Der Sohnemann ist oben gesessen und der Vater hat Ria geführt. Sie sind 100 Meter gegangen, und ich habe ihnen einen Moment gegeben. Man hat beide richtig strahlen sehen. Der Sohn und der Vater waren sehr stolz. Es war ein Moment nur für die beiden.
Welche Vorteile haben die Klienten durch die Therapie mit Pferden?
Tiere reduzieren Stress und lassen uns Dinge mehr wahrnehmen. Besonders großartig für Kinder ist, wenn sie sich tragen lassen können, wie sie es von der Mutter im Bauch erfahren haben. Das gibt uns ein Gefühl von Geborgenheit. Die Kinder sind in dem Moment vollkommen zufrieden.
Ich habe einen autistischen Jungen aus einer Wohngruppe. Er genießt es, wenn er einfach nur da oben sitzt. Sonst sieht man ihm kaum seine Gefühle an. Aber sobald er am Pferd sitzt, grinst er. Die Betreuerin hat mir erzählt, dass er dann nicht nur die nächsten 5 Minuten so ist, sondern 2-3 Tage nur am Grinsen ist.

Besonders Kinder fühlen sich bei Ria geborgen. Foto: ninalukasphotography
Können Sie ein Beispiel für einen besonderen Fortschritt teilen, den ein Klient gemacht hat?
Ein Mädchen 10 Jahre alt, sollte wegen unkontrollierbaren Wutausbrüchen in die Klinik überwiesen und medikamentös eingestellt werden. Zuerst hatten wir an den aufgestauten Aggressionen gearbeitet und danach einen sicheren Ort geschaffen und eine Strategie entwickelt, wie sie mit schwierigen Situationen besser umgehen kann. Am Rücken von Ria hat sie sich getragen und sicher gefühlt. Dreimal tief ein- und ausatmen und schnauben, wie Ria das macht. Auf Ria hat sie gelernt, wie sie mit der Atemtechnik Stress reduzieren kann und später konnte sie das z.B. in der Schule und zu Hause auch anwenden.
Was haben Sie persönlich aus der Arbeit mit Pferden und Klienten gelernt?
Es gibt Nichts, das es nicht gibt. Man wächst mit seinen Aufgaben. Ich hätte mir nie gedacht, dass ich autistischen Kindern und so vielen anderen Menschen mit meinem Pferd so helfen kann.
Gibt es Entwicklungen oder neue Methoden, die Sie in Ihre Therapie-Arbeit integrieren möchten?
Besonders faszinierend finde ich so eine Art Freiarbeit, die unter Anleitung und in einem energetischen Raum abläuft. Dort kann die Begegnung von Mensch und Pferd ungezwungen stattfinden. Besonders berührend ist es, wenn das Pferd von sich heraus die Nähe sucht und interagiert.
Auch das Pferderetreat und Energiefloating setzte ich immer häufiger ein. Dabei liegt der Kunde auf der Massageliege und bekommt eine energetische Behandlung. Das Pferd entscheidet sich einbringen zu wollen, öffnet sein Energiefeld und wirkt heilend mit. Das Pferd zeigt Körperblockaden des Menschen an und hilft diese zu lösen.
Eine Letzte Frage: Ist ihr Pferd versichert bzw. wie stehen Sie zum Thema Versicherungen?
Ich habe sicherheitshalber eine Operationsversicherung für mein Pferd. Das lässt mich besser schlafen. Für die tiergestützte Arbeit habe ich noch eine Zusatzversicherung. Für meinen Betrieb, meine Drogerie und alle tiergestützten Leistungen habe ich zusätzlich noch eine Rechtschutz- und eine Betriebsunterbrechungsversicherung seit nun 27 Jahren. Diese hat mir im Krankheitsfall bereits mehrfach geholfen.
Die tiergestützte Therapie mit Pferden ist ein ganzheitlicher Ansatz, um Menschen mit verschiedensten Einschränkungen oder Problemen zu helfen. Weitere Infos und Kontaktmöglichkeiten zu Frau Morales finden Sie auf Ihrer Webseite. Lesen Sie weitere spannende Beiträge rund um das Pferd in unserem Blog.
Der Beitrag Interview mit Monika Morales – Tiergestützte Therapie (Teil 2) erschien zuerst auf Österreichische Hagelversicherung.